Moin zusammen,
ich habe mich heute neu im Forum angemeldet - eigentlich nur, um ein paar Fragen zur My Dart - App zu stellen...dann suchte ich noch was anderes und stieß dabei auf dieses Thema...spannend! Beim Lesen des Start-Textes von Noumard dachte ich gleich, dass das hier ganz sicher und unvermeidlich auf ein Niveau absinken würde, wie ich es schon in vielen Foren gesehen habe. Nur noch die pure Flamerei. Es ist halt anders (!), wenn man mit "Avataren" statt einem lebenden Gegenüber diskutiert. Um es abzukürzen: ich bin wirklich beeindruckt, auf welchem - durchaus respektvollem - Niveau sich fast ALLE Beiträge begegnen.
Deshalb war mein übliches und instinktives Grobsortieren/Orientieren nach "gut" oder "böse", nach "Feind" und "Freund", eine echte Herausforderung...aber irgendein Bild der Lage muss man sich ja machen, um den eigenen Standpunkt zuordnen zu können. Nicht leicht...
Ich finde auf jeden Fall die Wortschöpfung "Andersfeindlichkeit" umwerfend gut. Kein Begriff, den ich bisher kannte, kam mit so einer so treffsicheren Pauschalität genau auf den Kern des Gefühls, um das es hier geht. Oft wird versucht, mit einer Vielzahl von Begriffen etwas zu beschreiben und dabei möglichst nichts auszulassen, aber auch keinen "falschen" Eindruck zu erzeugen (wie bei m/w/d). "Andersfeindlichkeit" wird von nun an einen Platz in meinem Wortschatz haben!
Ob es ein typisches Problem des Dart-Sports ist? Ich habe große Symphatien für den Beitrag 70 von Jürgen173 (mir ist die 26 übrigens bislang nur als bed&breakfast bekannt gewesen ), nach meiner Erfahrung spielt es viel stärker eine Rolle, in welcher Kneipe ich mich gerade aufhalte, als welcher Sport dort gespielt wird. Prolls gibt es überall, aber nur in wenigen "Brennpunkten" dominieren sie die lokale Stimmung. Hat vermutlich mit Darts erstmal gar nicht zu tun, das wäre auch so, wenn in dieser Kneipe nur Billiard, Flipper oder Poker gespielt würde. Und ja: ich versuche immer, bewusst tolerant zu sein, aber gerade bei intoleranten Mitmenschen bekomme ich damit Gewissenskonflikte. Dogmatiker jeglicher Art, seien es radikale Christen, Moslems etc., verbissene Frauenversteher, nationale "Patrioten" oder selbsternannte Kämpfer für "meine" Rechte sind mir irgendwie unheimlich. Ist das Zufall, dass sich dahinter allzuoft einfach humorlose Geister verbergen?
Noumard, wie würdest Du denn Deine Beobachtung (als durchaus systemisches Problem) selber in objektiv/subjektiv einstufen? Ich spiele auf das Thema "Filterblase" an...ich selber suche sicherlich eher Kneipen mit einem...sagen wir mal "linkslibarelen" Publikum auf (alles nette, langhaarige Bombenleger ), da habe ich kaum ne "Chance", mit Andersfeindlichkeit konfrontiert zu werden. Fast eher im Gegenteil: da gibts dann schon mal Dogmatiker; von denen habe ich mich allerdings noch nie bedroht gefühlt. Aber über diese Erfahrungen kann ich durchaus nachvollziehen, wenn sich manche über übertriebene PC aufregen. Das ist wie jeden Tag Corona (wahlweise: Flüchtlinge/Neonazis/Islamisten/etc.) im TV - irgendwann kann man es nicht mehr hören - und wendet sich ab. Obwohl man im Grunde proaktiv am Thema interessiert ist (war)...
Vielleicht noch meine Ansicht zum Thema "Frauen": es gibt wohl kaum eine zweite Sportart (vielleicht noch Motorsport/Formel1?) wie Darts, wo meiner Meinung nach das Geschlecht (m/w/d) eine so unbedeutende Rolle spielt...alle können mit ähnlichen Voraussetzungen, ähnlichen Schwächen und ähnlichen Stärken gegeneinander antreten. Sonderlocken wie "Extra-Bonus/zusätzliches Preisgeld) würde ich eher als eine Diskriminierung empfinden. Man hält Frauen die Türe auf und hilft ihnen in den Mantel? Hm...ich bin so erzogen worden, aber für mich fühlt es sich nicht richtig an, wenn ich Gleichberechtigung will. Ich halte selbstverständlich auch Männern die Türe auf und helfe beim ankleiden...he he...
Wie wichtig Dein Thema, Noumard, dennoch ist, zeigt mir der Alltag...wo sich zeigt, welche Auswirkungen die Wortwahl auf unser Grundgefühl, unsere Schwarmintelligenz, auf unsere Gruppendynamik hat. Wenn ich selbst bei ausgebildeten Journalisten eine Schlagzeile wie "Frauen verdienen 20% weniger als Männer" serviert bekomme, antwortet mein wortspielerisches Teufelchen auf den rechten Schulter "ja genau, deswegen bekommen sie ja auch 20% weniger". Nur ein Beispiel für fragwürdiges Wording...das funktioniert aber leider in beide Richtungen: wenn ich nach einem schönen Dartabend den netten, dunkelhäutigen Mitspieler aus reinem Interesse fragen will (da er offensichtlich kein alteingesessener Hamburger sein kann?), wo seine familiären Wurzeln liegen...muss ich schon eine Menge an PC aufbringen, um nicht in eine der typischen Fallen zu stolpern und direkt wieder den Rassismus-Vorwurf zu kassieren.
Gelernt habe ich ja mittlerweile, dass Fragen wie "wo bist du zuhause" oder "wo bist du geboren" ein NoGo sind - selbstverständlich habe ich es hier wohl mit einem Deutschen zu tun, wie ich anhand der akzentfreien Aussprache im Laufe des Abends mitbekommen haben sollte.
Das ist mir aber gar nicht wichtig. Deshalb will ich nicht wissen, ob seine Eltern vielleicht ursprünglich/teilweise aus Afrika/Indien/USA kommen - ich bin einfach nur neugierig auf den Menschen...gerade weil der "anders" wirkt - und so ganz naiv zu fragen (ohne böse Hintergedanken eben), gibt den Dogmatikern die Waffe in die Hand, dich ganz schnell in eine Ecke zu stellen...
Nochmal ausdrücklich DANKE für Deine Idee, dieses Thema hier zum Thema zu machen